Warum beugt Aufwärmen Verletzungen vor?

Warum beugt Aufwärmen Verletzungen vor?

Warum beugt Aufwärmen Verletzungen vor? Bist du bereits ein Fan von Aufwärmtraining? Vielleicht auch nicht, weil dich der Hype um das Aufwärmen ein wenig aggressiv macht. Beim Stöbern im Netz stößt du überall auf die Behauptung, dass Aufwärmtraining Verletzungen vorbeugt, ohne dass die Behauptung schlüssig und verständlich erklärt würde. Was ist nun wirklich dran am Hype um das Aufwärmen?

Warum beugt Aufwärmen Verletzungen vor?

In der Tat sind viele Aspekte zu berücksichtigen, die mit dem für dich „richtigen“ Aufwärmtraining verbunden sind. In die Auswirkungen des Aufwärmtrainings auf das Verletzungsrisiko spielen allgemeine physiologische Vorgänge, sowie dein momentaner Trainingsstand (Fitness), die beabsichtigte Sportart und – ganz wichtig – die mentale Ausrichtung eine große Rolle.

Warum sollten wir die Körpertemperatur vor Höchstleistungen auf 39 Grad bringen?

Wir alle wissen, dass die Kerntemperatur unseres Körpers im Normalfall zwischen etwa 36,5 bis 37,4 Grad Celsius schwankt und bei Fieber auf 39 bis über 40 Grad steigen kann. Auch bei anhaltender muskulärer Belastung erreicht sie etwa 38,5 bis 39 Grad.

Tatsächlich ist es so, dass die optimale Körpertemperatur aus physiologischen Gründen bei 39 Grad Celsius liegt:

  • die Versorgung der Muskeln, der Nerven und des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen und der Abtransport von Abbauprodukten (Schlacken) ist stark beschleunigt
  • die kollagenen Fasern, aus denen Sehnen, Bänder und Muskelhäute bestehen, erreichen bei der höheren Temperatur ihre optimale Elastizität und Festigkeit, ebenso die Muskelfasern
  • die Gelenkflüssigkeit (Synovialflüssigkeit) versorgt und schützt die Gelenkknorpel optimal
  • das „Gel“ in den Schleimbeuteln der Sehnen und Bänder bietet optimale Polsterung
  • die Reaktionsgeschwindigkeit der Nerven erhöht sich enorm und damit auch die muskulären Reflexe und die Konzentrationsfähigkeit

Abrupte, hohe Belastungen der Sehnen, Bänder und Muskeln aus dem Stand heraus ohne vorherige Anpassung der Körpertemperatur erhöht die Gefahr, dass Muskelfasern oder Sehnen reißen, dass Gelenke anfälliger sind für die Entwicklung einer Arthrose und dass sich Sehnenscheidenentzündungen wie Tennisarm einstellen. Das gilt unter anderem besonders für Tennis, Squash, Fußball und weitere Ballsportarten, sowie für leichtathletische Sprint- und Wurfsportarten. Bei Ausdauersportarten, die keine ausgesprochene Schnellkraft erfordern, ist die vorherige Anpassung der Körpertemperatur aus anderen als rein physiologischen Gründen sinnvoll.

Warum macht der Körper 39 Grad nicht zur Standardtemperatur?

Du fragst dich vermutlich, warum unsere Körpertemperatur nicht von vornherein bei den optimalen 39 Grad liegt. Nun, da sprechen zwei gewichtige Gründe dagegen. Die erhöhte Körpertemperatur führt nicht nur zu der besseren und schnelleren Versorgung und Entsorgung des Gewebes in unserem Körper, sondern verbraucht auch insgesamt viel mehr Energie. Wir verbrennen ohne Not wertvolle Nährstoffe, die wir uns bei der niedrigeren „Normaltemperatur“ von etwa 37 Grad sparen können. Das kannst du mit einem Auto vergleichen, das im Leerlauf enorm viel Kraftstoff verbraucht.

Der zweite wichtige Grund liegt in der Tatsache, dass viele Krankheitserreger – besonders Viren – sehr temperaturempfindlich sind und bei 39 bis 40 Grad bereits ernsthafte Überlebensprobleme bekommen. Unser Immunsystem nutzt das, indem es bei bestimmten Infektionen Fieber in uns auslöst. Wenn wir eine permanente „Betriebstemperatur“ von 39 Grad hätten, würden die Krankheitskeime allmählich eine Temperaturtoleranz entwickeln, also Resistenzen gegen die hohe Temperatur bilden. Eine weitere Temperaturerhöhung auf über 42 Grad wäre dann aber lebensgefährlich, weil einige Enzyme und Hormone bei der hohen Temperatur bereits Auflösungserscheinungen zeigen und ihre physiologische Wirksamkeit verlieren.

Wie funktioniert das Aufwärmen physiologisch?

Muskeln, die Arbeit leisten, beziehen ihre Energie letztlich aus der Verbrennung von Kohlenhydraten. Weil aber – ähnlich wie bei einem Automotor – nicht die gesamte Verbrennungsenergie in Arbeit der Muskeln bzw. in ihre Kontraktion umgesetzt werden kann, wird in den Muskelzellen eine gewisse Restwärme freigesetzt. Die Muskeln und das umliegende Gewebe erwärmen sich von innen heraus, selbst bei nur leichter Arbeit. Auch Bänder, Sehnen und Schleimbeutel erwärmen sich zügig. Diese Art des Aufwärmens wird als aktiv bezeichnet, weil sie durch die aktive Muskelarbeit erzielt wird.

Im Gegensatz zum aktiven Aufwärmen steht das passive Aufwärmen durch Wärmezufuhr von außen. Beispielsweise kann durch ein heißes Bad oder warme Wickel oder durch Massage zusätzliche Wärme in den Körper gebracht werden. Während eine Wärmflasche gegen kalte Füße gut hilft, ist dieses passive Aufwärmen als Ersatz für Aufwärmtraining nicht so gut geeignet, weil gerade die inneren Partien der Muskelfasern sich nicht so schnell durch die künstliche Wärmezufuhr „aufheizen“. Fleisch, das in der Pfanne gebraten wird, braucht länger, um die notwendige Kerntemperatur zu erreichen als Fleisch, das in der Mikrowelle zubereitet wird.

Aufwärmen bedeutet mehr als nur Erhöhung der Betriebstemperatur

Neben der physiologischen Funktion, die das Aufwärmen oder „Anschwitzen“ vor einer sportlichen Höchstleistung erfüllt, nimmt das Aufwärmtraining noch zwei weitere wichtige Funktionen wahr. Zum einen werden Stresshormone abgebaut, die sich beispielsweise vor einem Wettkampf nicht vermeiden lassen. Eventuelle Verkrampfungen lösen sich und der Körper gerät in einen für den Abruf von Höchstleistungen verbesserten Hormonstatus. Zum anderen werden wir gezwungen, uns auf den Wettkampf oder auf das Training zu konzentrieren. Das ist für die Erzielung von Höchstleistungen ebenfalls enorm wichtig. Die geistige Konzentration auf das Ereignis entspricht mentalem Training, ohne das Spitzensportler heute nicht mehr auskommen.

Weitere Informationen zu diesem Thema findest du im Beitrag “Aufwärmen vor Sport und Fitness“.

 

 

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